Am 3.12. fand am IKG Geschichtsunterricht der besonderen Art statt: Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 9 und 10 hatten die Gelegenheit, Sally Perel zu begegnen, der die Judenverfolgung der Nazis auf ganz erstaunliche Weise überlebt hatte. Nachdem seine jüdische Familie, die in Peine bei Braunschweig lebte, zunächst dem Naziterror nach Lodz in Polen entflohen war, konnte sich Sally Perel nach der Eroberung der Stadt durch die Deutschen im September 1939 von dort weiter nach Rußland retten, musste aber seine Eltern und seine Schwester – wie er sehr bewegend schilderte – im Ghetto von Lodz zurücklassen. In Rußland wurde er dann 1941 beim Eroberungsfeldzug der deutschen Wehrmacht aufgegriffen und gab sich als „Volksdeutscher“ mit dem Namen Josef aus. Schnell fand er Aufnahme in die Hitlerjugend. Perel schilderte sehr eindrücklich, wie zwei Seelen in seiner Brust miteinander im Widerstreit lagen. Auf der einen Seite war er Jude und hatte stets die Worte seines Vaters, eines Rabbiners, im Ohr, die er ihm beim Abschied in Lodz mitgegeben hatte: „Verleugne nie deine jüdische Herkunft! Bleibe dem jüdischen Glauben treu!“ Auf der anderen Seite faszinierte ihn die nationalsozialistische Ideologie durchaus. Perel gab freimütig zu, dass damals das Gift der nationalsozialistischen Ideologie in seine Seele träufelte und ihn auch heute noch immer wieder beschäftige. Besonders grotesk war es, als er seiner Klasse im Rahmen nationalsozialistischer „Rassenkunde“ als Musterbeispiel eines „Ariers des baltischen Typs“ präsentiert wurde. Solche Episoden erzählte Perel anschaulich, spannend und mit dem ihm eigenen Humor. An anderen Stellen seines Berichts konnte man dagegen die Betroffenheit der Zuhörer förmlich spüren, etwa als er berichtete, wie er sich von seinen Eltern verabschiedete. Besonders die letzten Worte seiner Mutter „Du sollst leben!“ waren für ihn maßgebliche Orientierung, ohne die er den Naziterror möglicherweise nicht überlebt hätte. Beklemmend war auch seine Schilderung der Ermordung seiner Eltern und seiner Schwester oder die drastische Beschreibung der Vernichtungsmaschinerie in Auschwitz und anderen Konzentrationslagern. Perel verband geschickt diese Berichte aus seinem Leben mit der Verantwortung der heutigen Jugendlichen in der Gegenwart, der er nachdrücklich mit auf den Weg gab, dass sie keine Schuld an der Vergangenheit trage, aber die Verantwortung für die Zukunft habe, dass sich der NS-Terror nicht noch einmal wiederholen dürfe. Die Nachfragen der Schülerinnen und Schüler am Ende der Veranstaltungen, die sich auch auf die aktuelle politische Situation bezogen, sowie weitergehende Fragen etwa zur Einstellung Perels zum Glauben an Gott ließen erkennen, welch nachhaltigen Eindruck dieser besondere Zeitzeuge bei den Jugendlichen hinterlassen hat. In diesem Sinne waren die beiden Stunden mit Sally Perel Geschichtsunterricht im besten Sinne des Wortes.